PORTRAIT: HIFI IST NICHT ALLES - DER MENSCH DAHINTER
Markus Pajonk von Monitor Audio
05.04.2016
Text: Fritz I. Schwertfeger / Markus Pajonk
Bilder: Monitor Audio / Markus Pajonk
Herr Pajonk, erzählen Sie uns ein wenig zur Geschichte von Monitor Audio und Ihrer Aufgabe für das Unternehmen.
Es fing alles 1996 für mich an. Seinerzeit war ich Vertriebsleiter des Essener Lautsprecher-Herstellers ALR (später ALR-Jordan). Als innovativster Lautsprecherhersteller der Welt hatte man sehr intensiv mit Metallmembranen gearbeitet. Und so kam es das durch verschiedene Darstellungen z.T. auch in der Fachpresse der Eindruck entstand das ALR diese Technologie entwickelt hatte. Da zeigte Monitor Audio Ltd. mit dem Finger auf, ich glaube es war auch über einen Anwalt, dass diese Darstellung nicht so stimmt. Und so geriet Monitor Audio als Marke bei mir auf den Schirm. Ich kannte sie durch Berichte und durch den Fachhandel schon, hatte mich aber nicht damit intensiv auseinandergesetzt. Interessanterweise hatte ich die Beinahe-Möglichkeit 1997 für Monitor Audio zu arbeiten. Aber aus beinahe wurde nichts zu dem Zeitpunkt. Als ich mich 1997 dann beruflich veränderte habe ich nur wenige Lautsprecher in der Qualität von ALR oder auch den ersten Lautsprechern die ich von Monitor Audio gehört habe gefunden. Bin ein bisschen umhergeirrt um meinen Weg zu finden. 2001 stand dann in der STEREO eine Info, dass sich Monitor Audio vom bisherigen Distributor getrennt hat und man dies in Eigenregie machen wollte. Ich griff zum Hörer und nahm Kontakt auf, wir haben uns dann zur High End getroffen. Da man aber noch den eigenen Weg suchte seitens Monitor Audio Ltd. kamen wir nicht überein.
Ende August 2001 auf der Internationalen Funkaustellung rief mich dann ein Freund aus der Branche an und fragte, ob ich Lust hätte Monitor Audio zu machen. Welch ein Zufall nach 6 Monaten. Wir vereinbarten, dass ich Musterlautsprecher bekomme und mich intensiv damit beschäftige. Die Lautsprecher kamen und ich war vom ersten Ton wieder in den Bann gezogen. Die Liebe entflammte neu, ich griff zum Telefon und an dem Schreckenstag 11. September 2001 unterschrieb ich den Vertrag. Deshalb werde ich die Geschichte u.a. nie vergessen. Daten haben sich eingebrannt. Wie der Klang von Monitor Audio.
Was macht für Sie einen Hersteller wie Monitor Audio aus?
Eigentlich nur zwei Dinge. Kurz und knapp: Der authentische Klang zu einem sensationellen Preis-Leistungs-Verhältnis. Ich weiß, dass viele das mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis sagen, wir können es aber auch objektivierbar darlegen.
Monitor Audio stellt sein Line-Up mit den überarbeiteten Serien neu auf. Auf was können sich die Musik- und Heimkino Enthusiasten freuen?
Wir machen nur etwas neu, wenn sich bei uns der Fortschritt wirklich akustisch erkennbar bemerkbar macht. Es ist nicht so, dass wir alle zwei Jahre alles erneuern. Die „alte“ PLATINUM Serie lief 9 Jahre bis wir Erneuerungen entwickelt haben, die klanglich wieder neue Maßstäbe setzen. Wir haben die Geduld. Denn ein Monitor Audio Lautsprecher ist eine Entscheidung fürs Leben! Wir möchten Kunden die Fans sind und genauso den authentischen Klang von Monitor Audio lieben wie wir. Dieses Jahr steht voll im Zeichen vom Ausbau unserer vielen individuellen Lösungen insbesondere im Custom Installation Bereich.
In der audiophilen Welt geht es oft nur um "schneller, höher, weiter" oder auch oft nur um nackte Zahlen. Wohin steuert die Branche insgesamt hin?
Die Branche schafft sich in Teilbereichen ab. Sie ist zu ungeduldig. Denn allen sollte klar sein, dass die Fortschritte sich nicht mehr in den Dimensionen einstellen wie noch vor 50 Jahren. Es werden künstliche überflüssige Märkte erschaffen mit dem Argument „Das ist der Markt der Zukunft“. Und dann steht der Markt der Zukunft in Lagerhallen mit vielen Reihen Kartons zwei Jahre später immer noch voll. Anstatt sich auf die vorhandenen Stärken zu konzentrieren versucht man immer wieder Trendsetter zu spielen. Und das ist grade für kleinere, höchst innovative Firmen schwer zu erreichen.
Von angesehenen Unternehmern wie dem Baden-Württembergischen Trigema-Chef Wolfgang Grupp wird eine Rückführung der Produktion und der Arbeitsplätze nach Deutschland gefordert. Glauben Sie, dass dies auch für die Audio-Branche gelten könnte?
Lautsprecher-Bau ist sehr personalintensiv. Weshalb es hier sehr wichtig ist günstig zu produzieren, denn jeder Verbraucher wünscht sich ein sehr gutes Preis/Leistungs-Verhältnis. Ich persönlich würde eine Produktion in Deutschland oder Europa sehr begrüßen. Aber zum ehrlich machen gehört auch dazu, dass z.B. im Juni 2015 der renommierte deutsche Lautsprecherhersteller „ASW“ zu dem Bedauern vieler, seine Aktivitäten von jetzt auf gleich einstellen musste. Ohne wirtschaftlich aktuelle Not, aber man wollte offensichtlich Produkte Made in Südostasien nicht im Produktprogramm sehen. Dies wäre aber wirtschaftlich nötig gewesen. Ich sprach auch von Südostasien. Denn die Reise geht für Hersteller stetig weiter, China ist gegenüber vor 10 Jahren viel teurer geworden, andere Standorte in Südostasien rücken in den Fokus. Das hat sich auch bei Gehältern niedergeschlagen, weshalb man nicht immer von „gut/böse“ in Produktionsstandorten sprechen sollte. Für viele Hersteller, die jetzt nach China gehen fängt ihr Waterloo an. Denn es ist nicht mehr so günstig wie es mal war. Und mit hohen Transportkosten könnte sich für viele wieder eine Produktion anderswo in der Welt lohnen.
Stichwort Nachhaltigkeit: Wie sehen Sie diese in der Unternehmensphilosophie integriert?
Aus den Zwängen heraus, dass man für „Elektroschrott“ nach Gewicht in Deutschland zahlen muss, ist man als Hersteller quasi gezwungen eher auf Plastik und Kunstoffe zu setzen die leichter sind als auf Metalle, die langlebiger sind. Das heißt hier gibt es das Paradoxon für uns, dass wir gar nicht so nachhaltig sein könnten, wie wir vielleicht sein wollen.
Der Vorteil ist das passive Lautsprecher eine sehr lange Lebensdauer haben von deutlich mehr als 10 Jahren, nicht selten mehr als 15 Jahren. Dies ist natürlich für einen Hersteller irgendwo auch ein Konflikt. Zufriedene Kunden sieht man lange Zeit nicht wieder. Leider werden wir hier als Hersteller auch auf eine Laufzeit von, wenn ich mich aktuell nicht irre, 2 Jahre festgenagelt. Das heißt der Gesetzgeber geht davon aus, dass alle Kunden unsere Lautsprecher nach zwei Jahren erneuern. Wenn das nicht die Kosten für die Produkte hochtreiben würde könnte man ja noch darüber schmunzeln in welchem Missverhältnis die Annahme von Politikern zu der Realität steht.
Ich persönlich kaufe vieles in meinem privaten Umfeld erst dann neu wenn das Alte wirklich kaputt ist. Bei Hobbies bin ich da nicht so ganz streng zu mir selbst. Da kann es schon mal sein, dass mich der Hafer sticht und ich alles erneure. Wobei meine letzen Neuheiten waren Audionet MAP V2 und Astintrew At 3500 plus. Ich mag keinen ständigen Neuheiten-Wahn. Aber auch nicht billig kaufen und dann wieder neu. Ich gönne mir was, wenn ich mir was kaufe.
Bei all den gesellschaftlichen Herausforderung die derzeit anstehen, wie könnte die Audio Branche eine Rolle hierzu Ihrer Meinung nach spielen? Falls ja, in welcher Form?
Gute Frage. Am ehesten mit Custom Installation und dem Thema älter werdender Menschen. Hier sehen einige Riesenpotenziale die überhaupt nicht ausgeschöpft werden. Weil es lieber immer komplexer werden soll als einfach eine Start, Pause, Stopp Taste einzusetzen. Mit den „Logos“ der 50/60er Jahre des letzten Jahrhunderts. Die Branche müsste sich entschleunigen, aber dazu ist sie nicht bereit.
Was glauben Sie kann ein verbindendes Element sein um die Gesellschaft voranzubringen ? Speziell vor der Überlegung - Geht es denn Menschen hier gut, geht es auch der Wirtschaft gut.
Eigentlich war der Spruch mal umgekehrt. „Geht es der Wirtschaft gut, geht es den Menschen gut“. Das sehe ich aber seit Jahren und nicht wegen einer Agenda-Politik, als ausgehebelt an. Menschen die Verantwortung übernehmen, sowohl gesellschaftliche als auch unternehmerische haben heute einen unfairen Stand. Sie werden in den Pool der Harakiri und Möchtegern-Manager die unsere offene Gesellschaft wahrscheinlich vor die Wand fahren werden geschmissen. Das ist sehr schade. Viele Verbraucher sagen, man muss doch das positive fördern (Produktion Deutschland, nachhaltig-sozial arbeitende Unternehmen) und wenn es dann um das liebe Geld geht wird gekauft was billig ist. Mit dem Argument „Das Hemd ist mir näher als die Hose“. Und natürlich gibt es zunehmend Menschen die in dieser Gesellschaft der Möglichkeiten beraubt werden. Aktuell ca. 10-15% und es geht auf die 20% Marke zu. Aber man bekommt das Gefühl, dass weiteren 60% diese Argumente oftmals recht und billig sind als Argument für das eigene nicht nachhaltige Handeln zu nutzen.
Integration von Generationen und anderen Völkern könnte was positives sein, warum nicht einen Azubi demnächst einstellen der vormals Flüchtling war? Denn auch er ist ein Faktor für Mund-zu-Mund Propaganda und kann dem Einzelhandel neue dringend benötigte Zielgruppen erschließen. Warum keine älteren Verkäufer einstellen? Die könnten Menschen intuitiver die Geräte erklären. Und würden nicht wie die Jugend den Schnick-Schnack in den Vordergrund stellen. Also es gibt schon Ansätze. Aber für alles benötigt man neben Energie auch den Mut. Den Mut dies einfach mal zu machen.
Sie engagieren sich seit geraumer Zeit ehrenamtlich. Wie kamen Sie dazu und was sind ihre Eindrücke?
Ich war bis 2014, außer mal als Fussball-Schiedsrichter, nie ehrenamtlich tätig als am 9.6.2014 die massive Gewitterfront ELA katastrophale Verhältnisse im Rheinland und Ruhrgebiet erschuff. Im Sommer genieße ich es dann immer mit dem Fahrrad zu fahren. Das war dann ab dem 10.6. nicht mehr wirklich möglich. Und da ich auch Facebook habe, habe ich im News-Stream vieler Freunde gesehen das sie der Gruppe „Essen packt an!“ hinzugefügt wurden oder dieser beigetreten sind. Ich wurde neugierig. Danach nahm mein Schicksal seinen Lauf. Ich las viel mit und dann gab es das Angebot eines Baumarktes eine Kettensäge gegen Kaution zu verleihen. Keiner nahm das Angebot an, zu einem späteren Zeitpunkt habe ich gemerkt, dass viele der Menschen die anpacken wollen nicht das nötige Kleingeld haben. So habe ich entschieden wildfremden Menschen mit einer Kaution zu helfen. Da ich aber skeptisch war wem ich das Geld leihe, bin ich den Nachmittag dort geblieben und habe mitangepackt. Und es fing mir an Spaß zu machen, so dass ich am nächsten Tag bei einem anderen näher agierenden Team mit angepackt habe. Dann hat Marion, eine Mit-Anpackerin eine Orga-Gruppe gegründet , weil viele wichtige Infos für die Teams im Wust der Infos bei Facebook untergingen. Sie meinte dann an einem Einsatzort „Markus, ich habe dich in die Orga hinzugefügt“. Und ich sagte „Mach du mal“. Leider lief alles so unstrukturiert in meinen Augen ab, dass ich mich einbrachte und das Thema mit den anderen zusammen vorwärts brachte. Meine Eindrücke sind sehr vielschichtig. Wer in seiner Heimatstadt ein Ehrenamt ausfüllt lernt die Menschen kennen. Die echten Nöte, die echten Sorgen, die echten Wünsche. Es entfällt viel „Marktrecherche“ und Feldstudien wenn man den Menschen zuhört und einfach mittendrin ist. Ebenso kann es einen immer wieder auf den Boden der Tatsachen holen. Wenn man einen Job hat der einem Spaß macht lernt man diesen auch zu schätzen, wenn man viele Menschen kennenlernt denen dies nicht vergönnt ist. Man lernt Demut, dass man nicht immer heraushängen lässt, dass man einen Traumjob hat. Ich kann nur jedem raten, sich einem Ehrenamt zu widmen. Es macht einen auch noch glücklich. Für mich ist einem Menschen geholfen haben mehr wert als die Verkaufszahlen hochgepuscht zu haben oder Verkäufer des Jahres geworden zu sein. Auszeichnungen und Preise, wie sie in unserer Branche inkl. Testsiege üblich sind, verlieren an Bedeutung. Vielleicht nicht an Sinn. Aber an Bedeutung. Und gleichzeitig spürt man und hört man wie Werbung einzelner Mitbeweber wirkt. Wie Menschen auf unbekannte Marken reagieren. Was man tun muss um wirklich populärer zu werden.
Musik gilt als verbindendes Element, wenn verschiedene Unternehmen, Vertriebe oder Hersteller z.B. Jugendeinrichtungen, Unterkünfte für obdachlose Menschen oder andere soziale Begegnungsstätten mit z.t ausrangierten Greäten ausstatten würden, könnte das hilfreich sein und was könnte es für diese Menschen bedeuten. Wäre dies ein gesellschaftlich wertvoller Beitrag?
Musik ist mehr als nur verbindendes Element. Musik gehört zur Kultur, wie die Kunst, wie Sport und weitere Bereiche des Lebens, eventuell sogar die Esskultur, Bier- oder Weinkultur. Und Kulturteilhabe ist ein Menschenrecht, geschützt durch die Genfer Konventionen. Das heißt die Gesellschaft, der Staat ist verpflichtet dem Menschen den Zugang zur Musik zu ermöglichen. Somit erübrigt sich die Frage danach, ob es ein gesellschaftlich wertvoller Beitrag ist schon im Keim. Es ist unsere Pflicht dies zu ermöglichen, wo immer es uns im Rahmen möglich ist. Wir haben bei „Essen packt an!“ unsere Kultur & mehr Gruppe. Wo wir genau dieses Thema mit unseren Möglichkeiten intensivieren. Auch haben wir hier eine PA-Anlage, welche nicht von Monitor Audio kommt. Wir bieten so etwas nicht an, aber wir haben diese freundlicherweise von unseren Mitbewerbern „Wharfedale Pro“ bekommen. Daran sieht man, jeder kann etwas tun. Unsere Leinwand kommt von Moovia. Alles von Branchenkollegen mit ebenfalls dem Herzen am rechten Fleck gespendet oder vergünstigt abgegeben. Jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten.
Hilft das Ehrenamt gesellschaftliche Probleme zu überwinden, Teile der Gesellschaft trotz ihrer unterschiedliche Herkunft, Lebenssituation und Bildung zusammenzuführen? Verständnis zu schaffen?
Die Antwort darauf ist sehr schwierig. Denn ich denke, dass allzu oft es nur dann zusammenführt wenn es um ein Geschäft geht. Kommt ein Syrer oder ein Obdachloser ins Geschäft und lässt Geld da ist alles in Ordnung, wenn aber ein Obdachloser vor dem Geschäft friedlich seinen Becher aufstellt geht es vielen zu weit.
Wenn man ehrenamtlich tätig ist kommt es ein wenig drauf an wobei. Wenn man z.B. Jugendtrainer in Mannschaft seines Kindes ist, lernt man andere Kinder kennen. Lernt damit umzugehen Dinge vielleicht verständlicher rüberzubringen, vielleicht auch Geduld. Aber kein Miteinander mit fremden Kulturen. Aber auch nicht wie wichtig Bienen für den Menschen sind, wenn das Ehrenamt nicht im Bereich Natur & Umwelt stattfindet. Viele Ehrenämter sind wichtig. Und das ausfüllen des einen Ehrenamtes, hält dem anderen ehrenamtlichen „Kollegen“ den Rücken für sein Ehrenamt frei. Man muss schauen wo sein Platz ist, und wenn man im Leben zufriedener ist, weil sich vieles im Ausgleich, einer Balance befindet hat man auch mehr Energie für seinen Job, seinem Alltag. Ich möchte aus heutiger Sicht weder Monitor Audio, noch „Essen packt an!“ missen.
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