Cayin RU6 - / Praxistest auf www.audisseus.de / Foto: Fritz I. Schwertfeger / www.audisseus.de

CAYIN RU6 - KOMPAKTER R/2R-USB-DAC / KH-Verstärker


CAYIN RU6


Autor: Fritz I. Schwertfeger

Bilder: Fritz I. Schwertfeger / Cayin

01. Mai 2023


Trotz seines handlichen Kleinformats ist der Cayin RU6 ein mobiler USB-DAC und Kopfhörerverstärker mit einem eigenen und außergewöhnlichen Konzept. Die typischen Pfade verlassend, setzt der Cayin RU6 anstelle eines üblichen, standardisierten D/A-Wandlers auf ein für das R/2R Prinzip typische Widerstandsnetzwerk. Ob dies zu einer besonders musikalischen Darstellung führt, soll der folgende Bericht aufzeigen.


Sogenannte USB-Dongles, sprich kleinere und auch auf den ersten Blick zunächst unscheinbare kleine Gerätschaften, die an Smartphone, Tablet oder auch Laptop unkompliziert andocken, laufen den klassischen Digital Audio Playern, zumindest im preislich niedrigen Einstiegssegment zunehmend den Rang ab. Begünstigend kommt hier hinzu, dass viele Smartphones auf einen Kopfhöreranschluss verzichten und lediglich Bluetooth anbieten. Für audiophile Musikgenießer ebensowenig erquicklich, zumal die klangliche Performance von Smartphones ohnehin eher als rudimentär zu betrachten ist. Ebenso sprechen zwei weitere Faktoren für die USB-Dongles. Zum einen ihre kompakten Abmessungen nebst geringem Gewicht, ideal für unterwegs. Und die Tatsache, dass man zusätzlich zum Smartphone unterwegs kein weiteres, großformatiges Gerät mitführen muss.

 

Cayin RU6 - / Praxistest auf www.audisseus.de / Foto: Fritz I. Schwertfeger / www.audisseus.de

 

Der Cayin RU6 ist in dieser Hinsicht zwar nicht der schmalste Vertreter seiner Art, aber mit einer Länge von 6,5 Zentimeter, einer Höhe von 1,3 Zentimeter und Breite von 2,5 Zentimeter immer noch sehr kompakt und mit 28 Gramm auch leicht genug. Sicher ein Ultrasone Naos ist dagegen ein Winzling und noch leichter dazu, aber dafür ist er auch deutlich minimalistischer unterwegs. Das Gehäuse des Cayin RU6 besteht aus CNC-gefrästen Aluminium in Kombination mit einer Glasfront.

 

Sowohl Verarbeitung als auch der sensorische Eindruck lassen keinerlei Anlass zur Kritik zu. Der gänzlich in schwarz gehüllte RU6 zeigt sich elegant, vielseitig und anschlussfreudig, so dass sich ein genauerer Blick förmlich aufdrängt. Frontseitig und damit auf der Eingangsseite, findet sich eine zentral platzierte USB-C-Buchse. Erfreulicherweise liefert Cayin ein kurzes USB-C nach USB-C Kabel mit, so das entweder Android-Devices oder wie in meinem Fall ein MacBook Air, iPad oder auch ein iPhone als Quellgeräte fungieren. Letzteres benötigt allerdings USB-C / Lightning Kabel, wahlweise von Cayin selber (CS-L2C USB-C to Lightning OTG) oder alternativ von einem Dritthersteller. 

 

Die Vorderseite beherbergt ein auskunftsfreudiges OLED-Display, welches gerne auch größer hätte ausfallen können. Andererseits zeigt es tatsächlich die wichtigsten Informationen wie Auflösung des eingehenden Musiksignal, den Wiedergabe-Modus bei der Wandlung und auch den Lautstärkepegel gut ablesbar an, um sich nach kurzer Zeit komplett abgedimmt zurück zu ziehen. Das bedient natürlich den audiophilen Puristen, der im Sinne von absoluter Signalreinheit derartige Störenfriede nur abgeschaltet mag und auch den den Akku des Quellgerätes maximal schonend belastet sieht. Wobei, bei so kleinen OLED-Displays dürfte letzteres kaum ins Gewicht fallen. Auf der Oberseite finden sich drei blind bedienbare, fein rastende Tastschalter. Um eine intuitive Bedienung zu ermöglichen, beschränkt sich Cayin auf lediglich eine Menü-Taste, und jeweils eine Laut- und Leisetaste. Die beiden rückseitig angebrachten Kopfhörerausgänge, nehmen entweder symmterisch den angesagten 4,4 mm Pentaconn Stecker, oder ganz klassisch die unsymmetrische 3,5 mm Klinke in Empfang. 

Cayin RU6 - / Praxistest auf www.audisseus.de / Foto: Cayin / www.audisseus.de
Cayin RU6 - / Praxistest auf www.audisseus.de / Foto: Cayin / www.audisseus.de

 

Spannend wird der Blick ins Innere, denn dort warten, sich auf sechslagigen Platinen räkelnde, selektierte Bauteile auf ihren Einsatz. Um eine etwaige gegenseitige Beeinflussung zu vermeiden, trennt Cayin die analoge von der digitalen Verarbeitungsebene. Etwaig entstehender Rauschgrund, der von DSP und der Clock beigesteuert werden kann, soll dadurch von den Verstärkerschaltungen fern gehalten werden. Ganz schön viel Aufwand für so ein kleines Kistchen. Aber es geht da deutlich weiter, denn der mengenmäßige Anteil an Bauteilen für ein R/2R Netzwerk ist nicht nur ordentlich, sondern bedingt auch prinzipiell eine qualitative Selektion, sonst ist es Essig mit dem guten Klang.

 

Hierzu greift Cayin auf enorm temperaturstabile, selektierte Widerstände zurück, die zudem hochpräzise ihrer Arbeit nachgehen. Und das sollte auch so sein, denn bei der D/A-Wandlung soll das digitale Audiosignal so originalgetreu wie möglich in die analoge Ebene moduliert werden. Legendär sind hier die Philips-Bausteine, die zu Beginn der Digitaltechnik auf besagtes R/2R Widerstandsnetzwerk statt der mittlerweile u.a. weil auch kostengünstiger in der Herstellung, durchaus etablierten Delta-Sigma-Wandlerarchitektur. Der R/2R Architektur wird von vielen ein wärmeres, näher an das analoge Original angelehntes Klangbild nachgesagt, während Delta-Sigma-Wandlern auch ein hartes, eindimensionales und nervöses Agieren attestiert wird. Das mag möglicherweise seine Ursache bei einem auf den ersten Blick nur klein anmutenden, aber in seiner Wirkung doch essentiellen Detail haben.

 

Cayin RU6 - / Praxistest auf www.audisseus.de / Foto: Fritz I. Schwertfeger / www.audisseus.de
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Besagtes Detail verbirgt sich hinter dem Kürzel NOS und weist auf einen Non-Oversampling-Modus hin, bei dem bewusst auf ein durch Interpolation erzeugtes Hochrechnen der Daten auf höhere Abtastraten verzichtet wird. Beim OS, d.h. Oversampling-Modus, so die gängige Meinung, handelt man sich letztlich nur einen höheren Rauschgrund ein, welchen mal aufwendig wieder mit Noise Shaping maskiert. Was letztlich zur besagten kühleren und möglicherweise auch steriler wirkenden Klangsignatur führt.

 

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Anders eben NOS, das von sich aus mit hohen Signal- / Rauschabständen glänzt. Dabei weder digitale Rekonstruktions-Filter verwendet und somit auch ohne ein Vor- bzw. je nach Filter eben Nachschwingen (Pre- / Post-Ringing) bei der Impulsantwort auskommt. Da NOS von den sonst entstehenden Unsauberkeiten auf der Zeitebene verschont wird, zieht sich dieser Modus unvermindert „sauberer“ durch den Wandlungsprozess durch. Paradoxerweise sind die Messwerte eines NOS-Wandlers ziemlich lau, im Vergleich zu eine Delta-Sigma-Wandler, aber das resultiert auf prinzipbedingte wie messtechnische Besonderheiten und ist letztlich wie ich finde auch sekundär, denn primär entscheidet unser Gehör.

 

Und das lässt sich vom Cayin RU6 durchaus gerne via Kopfhörer mit Wortbreiten bis zu 24 bit und Auflösungen bis hinauf zu 384 kHz verwöhnen. Jedenfalls herrscht hier keinerlei Berührungsangst, auch nicht vor DSD-Material. Hier sind Inhalte bis DSD 256 abspielbar. Wer auf MQA-Wert legt, der dürfte sicherlich anderweitig glücklicher werden. Andererseits, wer wiederum Roon auf dem Laptop verwendet, überlässt einfach Roon die Dekodierarbeit (first unfold, aber immerhin). Was ich jedoch als viel bedeutsamer erachte ist die Tatsache, dass sich der Cayin RU6 weder auf der Wandler- noch Verstärkungsebene als übertrieben agierender Stromfresser darstellt.

 

Cayin RU6 - / Praxistest auf www.audisseus.de / Foto: Fritz I. Schwertfeger / www.audisseus.de

 

Hier tritt der Cayin RU6 ressourcenschonend auf und glänzt nicht wie so manch andere mobile Devices mit ordentlicher Abwärme auf. Dass die anzutreibenden Kopfhörer dabei leistungsmäßig auf der Strecke bleiben könnten, muss niemand befürchten.

 

Denn am unsymmetrischen 3,5 mm Ausgang stehen 138 mW (32 Ohm) an, während an der symmetrischen 4,4 mm Buchse satte 213 mW (32 Ohm) bereit gehalten werden. Eine weitere Besonderheit gibt es auch bei der Pegelregelung. Man wundert sich über eine gelegentliche, kurze Unterbrechung, die aber letztlich nur auf ein Widerstandsbasiertes-Netzwerk bei der Lautstärkeregelung hinweist. Dabei werden neun Widerstandsegmente zusammengeschaltet, die mit je 11 Stufen insgesamt 99 Pegelabstufungen erlauben. Beim Springen vom einem Segment zu nächsten unterbricht ein Relais kurzzeitig, um Störgeräusche zu vermeiden. Dieses minimale Manko nimmt man gerne in Kauf, wenn man weiß, dass die Pegelregelung besonders präzise, verlustfrei und hochwertig umgesetzt wird. 


CAYIN RU6 - Hörtest


Cayin RU6 - / Praxistest auf www.audisseus.de / Foto: Fritz I. Schwertfeger / www.audisseus.de

 

Es ist sicher nicht verkehrt dem Cayin RU6 eine mehrstündige Einspielphase zu gönnen und sich mit dem OS- wie NOS-Modus zu gleichen Teilen auseinanderzusetzen.  Welche Signatur einem letztlich eher liegt, entscheidet der persönliche Geschmack. Für meinen Teil liegt jedoch klar auf der Hand, dass der NOS-Modus ein ungemein unaufgeregtes und gleichzeitig lebhafteres, wenn man so mag, authentischeres Klangbild verglichen zum OS-Modus darbietet.

 

Das zeigt sich beim Stück "Emilia" von Ted Poor (HiRes-Album: You Already Know) in 24 bit / 88,2 kHz  via Qobuz, bei dem man eine unmittelbare Involvierung erlebt, die fast schon Seltenheitswert besitzt. Gerade mit offenen Kopfhörern, wie dem dem Meze 109 PRO offenbart der Cayin RU6 seine Fähigkeit, die einzelnen instrumentalen Ebenen fein säuberlich auseinanderzuhalten und dabei auch frappierend plastisch darzureichen. Das Geschehen wirkt äußerst weiträumig nach links und rechts aufgefächert, erfreulicherweise ohne dass dabei die Randschärfe in ein nervöses Zerfasern übergeht. Jedes noch so kleine Tonereignis wird sauber aufgelöst, ohne dabei übertrieben akribisch zu wirken. Die Instrumentierung zeigt sich plastisch wie auch natürlich timbriert, kühle oder glasige Überhöhungen mischen sich nicht bei. Der leicht nach vorne gezogene, direkt projizierende aber immer noch sehr in die Tiefe hinleuchtende Raumeindruck sorgt für besagtes Mittendringefühl ohne dabei künstlich aufgespannt oder unnatürlich zu wirken. 

 

Was mir ebenso auffällt, ist die Intensität der Farbgebung im Mittenband. Statt hier entweder minimal zart-pastelig oder zu betont bis hin kühl zu zeichnen, zeigt sich eine natürlich Neutralität, die ohne Effekte auskommt. Der Tiefton wirkt präzise,  kraftvoll souverän und dennoch federnd, differenziert mit einer mittelkräftigen bis kräftigen Gangart. Er wirkt, das will ich damit sagen, nicht zu füllig so dass keine Überdeckungseffekte durch den Tiefton im Mittenband entstehen. Stimmen haben Körperlichkeit, Intensität und natürlich timbrierten Umriss, so dass sie in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Das führt wie ich finde, zu einer enorm musikalischen und authentischen Ausdrucksweise. Beim Stück "Can´t Help But Sing" von Laura Veirs (HiRes-Album: Found Light in 24 bit / 96 kHz via Qobuz) zeigen sich die versetzt aufgenommenen Tonspuren des Gesangs nicht nur mühelos heraushörbar, das ist nicht die Kunst, viel mehr zeichnet der Cayin RU6 allerfeinste Nuancen akkurater als beispielsweise der Lotoo PAW-S1 oder auch der Ultrasone Naos  nach. Hallfahnen oder auch das Nach- und Ausschwingen leiser Töne sowohl im Gesang wie auch bei den Gitarrensaiten wirken präsenter, lassen das tonale Gesamtbild dadurch einen Ticken realistischer, lebendiger wirken. 

 

Kommen wir noch zu den oberen Tonlagen, die eine feinfühlige wie hohe Auflösung ohne enervierende Überbetonungen vereinen. Gerade bei den großzügig zum Einstatz kommenden perkussiven Elementen im Album von Ted Poor, zeigt sich keinerlei Anwandlung mit überbordendem Glanz auftrumpfen zu wollen, was wiederum zwar anfangs ganz imposant, aber letztlich doch recht anstrengend wirken kann. Nein, hier zeigt sich der Cayin RU6 ohne Details hinterm Berg zu halten, minimal verhaltener und bietet ein für meinen Geschmack feinsinniges und klar eingefasstes Obertonspektrum an, bei dem luzide Offenheit und natürlicher Ausdruck Hand in Hand gehen. Die Impulsivität und der Detailgrad leiden keineswegs, was schon allein der Umstand beweist, dass sich der Eindruck an Transparenz und Klarheit auch bei geringem Pegel nicht in Richtung verhangener Darstellung verschiebt. Die Höhen zeigen sich feinkörniger granuliert und somit erfreulich langzeittauglich, nichts wirkt glasig oder zu hell. 

 

Lange Rede, kurzer Sinn, letztlich muss schon ein Chord Mojo2 antreten, um den Höhenflug des Cayin RU6 einzufangen, was diesen aber durchaus auf Augenhöhe gleichziehen lässt. Und das ist so betrachtet durchaus beindruckend. 

 


CAYIN RU6 - FAZIT


Mit dem Cayin RU6 schiebt sich ein beeindruckender R/2R USB-Dongle aufs Feld, der so manchem Digital Audio Player das Fürchten lehrt. Was ironischerweise wiederum dazu führt, dass nunmehr auch DAPs auf R2R-Wandlung zurückgreifen. Wie dem auch sei, der Cayin RU6 jedenfalls ist einer der klangstärksten USB-Dongles, die mir im Laufe der Zeit begegnet sind. Er überzeugt dabei nicht nur mit seinem farbkräftigen, dabei dennoch ausgewogenen und frei von jeglicher Härte oder Glasigkeit durchaus hochmusikalischen Klangbild. Auch sein Preis, die intuitive wie unkomplizierte Bedienbarkeit und ein eleganter, kompakter Auftritt machen ihn zum allzeit überall einsetzbaren Spielpartner für höchste, audiophile Momente. 

 


CAYIN RU6

 

Preis: 329,00 Euro

Farbausführung: schwarz

 

Vertrieb 

Cayin Audio Distribution GmbH

An der Kreuzheck 8

61479 Glashütten-Schlossborn

Telefon: +49 (0)6174-9554412

Fax: +49 (0) 6174 – 9554424

E-Mail: info@cayin.com

Web.: www.cayin.de