Autor: Michael Gorny
Bilder: ADAM /Michael Gorny
November 2016
Die beiden braunen Türme dort stehen zu haben, wo bisher ein Päärchen altgediente Spendor BC1 MII auf einfachen Ständern residierten, ist schon eine optische Herausforderung. Aber die nehme ich gerne an, den schick sind sie auf jeden Fall, die schlanken Säulen aus Berlin.
Mein Furnier ist ein dunkles Walnuss, ein schöner Kontrast zu den schwarzen Einfassungen der Chassis. Die feste Bodenplatte, die auch Gewinde für die mitgelieferten Spikes (inklusive passendem Inbus !) besitzt, ist immer schwarz.
Aber Optik ist nicht alles, es geht um Lautsprecher, konkret um die ADAM Column Mk3 aus der Classic Serie. Ein sauber verarbeiteter, schlanker einszwanzig hoher Dreieinhalbweger mit den berühmten Hochtönern nach dem Prinzip des Air Motion Transformers, die bei ADAM X-ART heissen und direkte Nachfahren der Konstruktion Oscar Heils sind. Der Gründer von ADAM Audio, Klaus Heinz, war ein Schüler Heils und konnte daher diese geniale Bändchenkonstruktion zuerst bei ELAC als „Jet“ einführen und später, nach dem Start von ADAM Audio, als X-ART fortsetzen. Bei ELAC werden diese Hochtöner ebenfalls nach wie vor erfolgreich eingesetzt.
Wo wir gerade bei der Historie sind, ADAM Audio in Berlin hat seine Wurzeln ganz klar im professionellen Studiobetrieb, Abhörmonitore sind das Hauptgeschäft. Da reicht die Palette vom kleinsten Nahfeldern aus der A-Serie, die A3X bis hin zu massiven sogenannten Main-Monitoren aus der S-Serie, die kaum zu zweit zu transportieren sind. Und diese professionellen Wurzeln kann die schicke Column nicht verhehlen. Als ich sie zum ersten Mal stehen sah, dachte ich spontan „Das sind ja Monitore in schön!“. Ich denke, das reicht als Beschreibung der Optik.
Zur Technik, die Column Mk 3 sind sogenannte Dreieinhalbweger. Und zwar deshalb, weil die beiden eingebauten technisch identischen 7,5“ Hexacone Tieftöner unterschiedlich arbeiten. Der eine verabschiedet sich bereits bei 150 Hertz, während der andere durchläuft und erst bei 800 Hertz an den Mitteltöner übergibt. Der wiederum, übrigens auch ein X-ART, also ein AMT nach Oscar Heil, spielt dann bis 2,8 kHz und der Hochtöner übernimmt für den Rest des Übertragungsbereichs. Da das für den Mittenbereich verantwortliche Chassis ein eng abgegrenztes Arbeitsgebiet zugewiesen bekommen hat, muss es auch nicht all zu tief in den Grundtonbereich hinabsteigen, was wiederum geringe Bewegungen und somit mehr Präzision bedeutet.
Die Tieftöner bestehen aus einem Aluminium-Magnesium Gemisch und sind zusätzlich mit einer keramischen Schicht überzogen wurden. Auffällig hier auch die an Golfbälle erinnernde punktuelle Vertiefung die auf der Fläche der Chassis zu sehen ist. Diese sollen unschönes Aufbrechen und Resonanzen unterbinden.
Angetrieben werden die Chassis von insgesamt vier Endstufen, dreimal 200 Watt für Tief- und Mittelton und eine kleinere mit 50 Watt für den Hochtöner. Das sind natürlich Werte für die Dauerleistung, die Impulsleistung liegt jeweils noch um 50% höher. Angeschlossen werden die Boxen symmetrisch per XLR, wieder ein Beleg für die professionellen Wurzeln der Serie. Aber es gibt natürlich solide und zugleich preiswerte Adapter, die erlauben, ein XLR-Kabel an einen beliebigen Cinch Ausgang einer Vorstufe anzuschliessen. So höre ich derzeit auch, weil meine aktuelle Vorstufe keine symmetrischen Ausgänge besitzt.
Das Bedienpanel auf der Rückseite bietet neben den Anschlüssen für Strom- und Signalkabel und einem Standby-Schalter noch mehrere Regler, mit denen die einige Anpassungen an den Raum vorgenommen werden können. Alle Regler sind gesichert gegen versehentliches Verstellen, man ändert die Einstellung mittels Schraubendreher.
Justiert werden können die allgemeine Eingangsempfindlichkeit, die Hochtonlautstärke und mittels sogenannter Shelf-Filter Hoch- und Tieftonbereich. Diese Filter setzen erst bei bestimmten Grenzfrequenzen ein und verändern allmählich, progressiv die Frequenzen ab diesen Einsatzpunkten nach oben oder unten.
Optik, Geschichte und Technik gut und schön, aber das wichtige bei Lautsprechern ist nach wie vor das, was an Tönen herauskommt. Wie klingen die Säulen also? Kurz und knapp: ausgesprochen gut. Ich muss dazu sagen, mir haben die Studiomonitore von ADAM immer gut gefallen, die S4X ist einer meiner ewigen Favoriten, aber die Optik dieser „Kiste“ ist nicht jedermanns und noch weniger jederfraus Sache. Da ist die Column schon ein anderes Kaliber, was den WAF betrifft. Und das klangliche Ergebnis braucht sich nicht zu verstecken!
Ich vergleiche in ein paar Sätzen tatsächlich ziemlich unfair die Columns mit meiner BC1. Obwohl diese eine mehr als 40 Jahre alte Konstruktion ist, habe ich noch nie jemanden getroffen, der sie als schlecht ablehnt. Zeitlos. Da müssen andere erst einmal hin.
Fangen wir an damit, was die Column gegenüber der BC1 anders macht. Ich schreibe bewusst anders und nicht besser. Die beiden sind eigentlich vollkommene Gegensätze, die Spendor als Prototyp einer ganzen Generation englischer Monitore, die ihre Wurzeln allesamt in der Entwicklungsabteilung der BBC Ende der 60er haben und die ADAM als moderne Aktivbox mit dem professionellem Hintergrund von heute und allem, was die aktuelle Technik zu bieten hat. Trotzdem spielen beide auf sehr hohem Niveau.
Wo die Spendor zum nah heranrücken einlädt, selbst weniger als anderthalb Meter Entfernung sind kein Problem, braucht die ADAM Platz. Unter zwei Metern möchte ich sie nicht hören, dazu ist sie zu präsent. Die Spendor spielt intimer, die ADAM füllt den Raum, schafft sich Platz. Beide bauen eine sehr schöne Bühne, beide ermöglichen eine phänomenale Ortung, beide verzichten weitgehend auf die in einer bestimmten Szene so beliebte „Räumlichkeit“. Denn die ist in Wirklichkeit lediglich das Ergebnis der Interaktion des von den Boxen abgestrahlten Schalls mit dem Raum in dem sie spielen und hat wenig mit dem zu tun, was auf der abgespielten Aufnahme an Rauminformation vorhanden ist.
Die ADAM hat prinzipielle Vorteile in der Basswiedergabe, das fällt als erstes auf und ist auch der Grund dafür, dass sie wie oben beschrieben, Raum zum ausfüllen braucht. Der Bass geht tief, einer der Vorteile der aktiven Konstruktion, und bleibt trotzdem sauber. Die Columns gehen mühelos laut, können es auch mal richtig krachen lassen und es braucht Mut und ein sehr belastbares Umfeld, um sie zu zwingen, zu komprimieren. Da regeln meine Ohren deutlich früher ab.
Mittel- und Hochton sind sehr schön sauber, detailliert, aber nicht analytisch im Sinne von spitz und nervig. Es gibt einige Leute, die sagen den AMT Chassis eine gewisse Härte nach, das habe ich aber bei ADAM Lautsprechern in mehr als 10 Jahren nicht nachvollziehen können. Vermutlich basiert dies auf Erfahrungen mit anderen AMT-Herstellern. Der Hochton ist einfach da, nie aggressiv, sondern trotz aller Detailverliebtheit geschmeidig und niemals nervig. Das haben sie in Berlin ordentlich hingekriegt! Kurz: sowohl tonal, als auch in der Präzision der Abbildung sehr gut!
Noch ein paar Worte zur Aufstellung. Bei mir mit einem Hörabstand von ca. 2,5m, Abstand der Lautsprecher voneinander etwas weniger. Abstand von Rück- bzw. Seitenwand nicht unter 60 cm. Einwickeln halte ich für Pflicht, nicht so extrem, dass sich die Achsen vor der Nase kreuzen, aber so, dass man am Hörplatz gerade auf die Schallwand sieht, ohne Sicht auf die Seiten. Allerdings kann man durchaus experimentieren, je nach raumakustischen Bedingungen. Dasselbe gilt für den Einsatz der oben erwähnten Regler für Pegel und Frequenzbeeinflussung.
Eine solide Konstruktion, die eine sehr gute Wiedergabequalität bietet und dabei wieder einmal die Vorteile der Aktivtechnik belegt. Preis-/Leistung gehen vollkommen in Ordnung und ich hoffe, dass mit solchen Lautsprechern die Akzeptanz der Aktivtechnik steigt. Verdient haben sie es!
Vertrieb:
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81669 München
Erhältlich in den Ausführungen Walnut, Cherry und Black Glossy für 6.800 Euro / Paar
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