Autor: Fritz I. Schwertfeger
Bilder: Acoustic Energy / Fritz I. Schwertfeger
1. März 2020
Dass die Ingenieure des englischen Lautsprecher-Spezialisten Acoustic Energy sich nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen, war eigentlich zu erwarten. Nach der Vorstellung der veritablen und als Geheimtipp geltenden AE100 Serie, hoben die Engländer die Messlatte mit der AE300 Serie ein Stückchen höher. Paukenschlag und Tusch: Mit der neuen AE500 Serie indes strebt Acoustic Energy zweifellos, nach noch höheren Weihen.
Acoustic Energy AE500 - Bewährte Konzepte neu denken und vorhandene Tugenden hierbei kultivieren, scheint mir das Credo der Entwickler bei der neuen Acoustic Energy AE500 zu sein. Die als kompakte Zwei-Wege-Kompaktbox konzipierte Acoustic Energy AE500 wird von der Standbox AE509 flankiert, so dass sich im Verbund mit dem passenden Center auch homogene Mehrkanal-Setups realisieren lassen.
Wer wenig Platz zur Verfügung hat, der freut sich über kompakte Kleinode. Um so mehr, wenn deren klangliche Qualitäten über jeden Zweifel erhaben sind. Und gerade bei beschränkten Platzverhältnissen oder kleineren Räumlichkeiten sind kompakte Regallautsprecher die akustische bessere Wahl. Schließlich regen diese den Raum tieffrequent weniger an und nehmen gefürchteten Raummoden so den Schrecken. Zwei-Wege-Lautsprecher bieten aber auch andere Vorteile.
Beispielsweise eine sehr hohe Homogenität aufgrund der akustisch nah angeordneten Treiber und ein flinkes, ungebremst wirkendes Impulsverhalten. Beste Vorraussetzungen also für natürlichen Klang. Eventuell wahrnehmbare Laufzeitunterschiede, wie sie bei mehreren, unterschiedlich großen Chassis auftreten können, sind somit per se kein Thema. Zwar vermeiden enorm steilflankige Frequenzweichen bei Mehrwegkonstruktionen breite Überlappungsbereiche von im gleichen Frequenzbereich operierenden Chassis und somit Interferenzen, benötigen für diesen Zweck jedoch eine wahre Armada hochwertiger Bauteile. Das treibt wiederum die Kosten in die Höhe.
Im Prinzip gilt grob ausgedrückt die Faustregel, je hochwertiger die Chassis und je weniger sie zu Partialschwingungen neigen, desto weniger Aufwand ist bei der Frequenzweiche notwendig. Gleichwohl mindert das nicht den Anspruch auf die Qualität der Bauteile, aber hier galoppieren schlicht ausgedrückt die Kosten nicht davon.
Schauen wir genauer hin. Bei 2,8 kHz erfolgt der Übergang vom Tiefmitteltöner zum Hochtöner. In der Frequenzweiche der AE 500 kommen Polypropylen-Folien-Kondensatoren für hohe Impulsfestigkeit und für ihre hohe Linearität bekannten Luftspulen zum Einsatz. In Verbindung mit einer minimalistischen 6-db-Schaltung ohne übertriebene Sperrwirkung kann dies durchaus ein Garant für hohe Impulstreue sowie zeitrichtiger, präziser Spielweise sein.
Und wenn wir schon bei den inneren Werten sind, vielleicht noch ein kurzer Satz zum Lautsprechergehäuse und zur allgemeinen Verarbeitungsqualität. Im Gegensatz zu anderen englischen Herstellern, die eher dünne Gehäusewände bevorzugen und auch von großzügig eingesetzten Dämmmaterialien nicht viel halten, zeigt sich die AE500 eher gegensätzlich veranlagt.
Um Resonanzen wirkungsvoll zu unterdrücken setzen die Entwickler von Acoustic Energy auf ein 18 mm starkes, mehrlagig aufgebautes Composite-Material und ein im Inneren verstrebtes Gehäuse. Das wurde von der kostspieligeren Reference-Serie übernommen und sorgt mit seinen dämpfenden Eigenschaften für geringere Verfärbungen, während die abgerundeten Kanten für eine Verringerung von Kantendispersionen sorgen. Auffällig hier, das Gewicht der mit den Abmessungen von 31 cm Höhe, 18,5 cm Breite und 26 cm Tiefe kompakt daherkommenden AE500. Zwar hören sich 8 kg pro Box nach nach viel an, aber im Vergleich zu ähnlich dimensionierten Konkurrenzmodellen „fühlt“ sich die AE500 erstaunlicherweise deutlich schwerer an.
Erhältlich ist die AE500 wahlweise in weißen oder schwarzen Hochglanzlack. Wer eher auf Holztöne steht, der greift zum Walnuss-Furnier. Das weist keinerlei Unsauberkeiten auf und generell ist der AE500, wenn wir schon dabei sind, eine hochwertige Verarbeitung zu attestieren. Der rückseitige Bassreflex-Schlitz ist sauber eingepasst und auch auf Details wird Wert gelegt. Solide Lautsprecherklemmen sowie feste Schraubverbindungen eine Selbstverständlichkeit. Wenn es Anlass zur Kritik gibt, dann lediglich dahingehend, dass die Chassis ohne Gewindebuchse direkt ans Gehäuse geschraubt werden.
Kommen wir zu den Kohlenstofffaser-Chassis, die wir der Einfachheit halber einfach als Carbon-Treiber bezeichnen wollen. Ihr auffälliges Äußeres ist nicht nur bloße Show. Hier wird tatsächlich der aus ultrafeinen, lediglich Mikrometer im Durchmesser messenden Kohlestofffasern hergestellte Verbundwerkstoff in die Pflicht genommen.
Der 12,5 cm messende Carbon-Tiefmitteltöner soll nach Angaben des Herstellers, die Vorteile von geringer Masse und gleichzeitig hoher Steifigkeit vereinen. Daraus resultiert demnach ein besseres Klirrverhalten und die Verminderung von unliebsamen, weil klangschädigenden Partialschwingungen. Das Besondere hierbei ist, dass der Kohlestofffaser-Treiber aufgrund der höheren inneren Dämpfung nicht mit den für Metallmembranen typischen Resonanzspitzen zu kämpfen hat, wie beispielsweise ein vergleichbarer Aluminiumkonus.
Für ein besseres vertikales Abstrahlverhalten, eng am Tiefmitteltöner angeschmiegt und relativ tief innerhalb eines Waveguides aus Aluminium findet sich der 25 mm große Hochtöner in feinstem Carbon-Ornat. Das ist deswegen besonders, weil man solche ungewöhnlichen Materialien erst in kostspieligeren HighEnd-Speakern vorfindet und dies hier tatsächlich ein Novum darstellt. Auch wenn die AE500 nichts Geringeres als die Parade-Serie der Engländer darstellt, sorgt der Blick auf das Preisetikett der Kompaktboxen mit ihren 600,00 Euro pro Stück, spätesten hier, für staunende Gesichter.
Warum, so wird sich vielleicht der eine oder andere Leser fragen, spielt das Material des Hochtöners denn eine besondere Rolle? Weil auch hier wieder eine gut zu merkende Faustregel gelten kann. Je höher die Steifigkeit des Materials der Kalotte bei geringem Gewicht, desto geringer die Verzerrungen und losgelöster, luftiger der Hochton. Ich erinnere mich an die ultraharten, mit geringer Masse versehenen Diamant-Kalotten von Bowers & Wilkins, die mich tatsächlich begeisterten, beheimatet jedoch im mehrstelligen Preisbereich. Potzblitz, die AE500 wird doch bei mir nicht etwa den gleichen Grad der Entzückung im Hochton auslösen wie die besagte Diamant-Kalotte oder die kürzlich bei fairaudio.de getestete Bowers & Wilkins Formation Duo mit ihrem Carbon-Dome genannten Hochtöner?
Nachdem sich die Acoustic Energy AE500 gebührend eingespielt hat und ein noch recht junger Susumaniello der Masseria Li Veli aus Apulien sich in freudiger Erwartung ans Weinglas schmiegt, offenbart sich bei „Heard It All Before“ von Emiliana Torrini doch ziemlich eindeutig, dass hier eine anders als sonst übliche Klangstilistik zum Tragen kommt.
So agiert der Hochton, im Vergleich zu meiner durchaus sehr geschätzten Bowers & Wilkins CM5 der ersten Generation, merklich offener und wirkt dabei gleichzeitig unangestrengter. Die Kombination von beidem ist wiederum deswegen bemerkenswert, weil sich feinste Details gestochen scharf, will sagen ohne sanfte Verrundungen präsentieren, aber dennoch keinerlei Glasigkeit oder Härte beigemischt wird. Das dient nicht nur der Langzeithörbarkeit, sondern macht das Geschehen aufgrund des ausgeprägteren feindynamischen Antritts, müheloser nachverfolgbar. Generell aber auch speziell bei leiseren Pegeln macht sich das bemerkbar.
Im Mittenband verkneift sich die AE500 eine sonst gerne ausgeprägte Grundtonbetonung und löst ungemein fein und transparent auf, bleibt dabei der leicht kühleren Seite von neutral zugewandt. So klingen Frauenstimmen, ohne ihre Authentizität und vor allem Emotionalität einzubüßen, minimal kühler temperiert, während den aus tiefer Brust erklingenden Männerstimmen der "Bauchansatz" schlanker gerät. Auch hier gilt, alles eine Frage des Geschmacks, denn auch warm-weich und malerisch abgestimmte Mitten können durchaus verzücken. Gleichwohl verhilft hier der neutralere Ansatz der AE500, dieser zu einem sehr transparenten, leichtfüssig und blitzschnell-wendigen Mittenspiel, ohne allzu samtige Umrandungen.
Da passt es um so mehr, dass sich auch die unteren Register tonal in den selben, statt diametral orientierten Gefilden bewegen. Echten Tiefbass wird hier erwartungsgemäß kaum jemand erwarten. Und so klingt es beim Stück „Coax“ von Raime (Album: Tooth) denn auch eher straff, federnd und trocken. Insgesamt empfinde ich den Bass der AE500 als sehr sauber und konturiert, gleichzeitig flink und sehr gut definiert, will sagen, ohne überflüssige Pfunde sowie ohne Tendenzen zum Dröhnen, selbst bei hohen Pegeln.
Da zeigt sich die betagtere Bowers & Wilkins CM5 etwas fülliger, aber eben weniger akzentuiert. Natürlich bringen hier größere Standlautsprecher die bedrohlich-mächtige Atmosphäre des Stücks körperhafter und nachdrücklicher dar, an der eindringlichen Intensität mangelt es der AE500 indes jedoch nicht. Und sind wir mal ehrlich, in kleineren Räumen oder bei sensitiver Nachbarschaft spricht hinsichtlich Musikgenuss durchaus mehr für eine Kompakt- denn Standbox. Und wer grobdynamische Kapriolen und extreme Maximalpegel sucht, der greift zu anderen Kalibern, gleichwohl die AE500 sich nicht als empfindsames Seelchen zeigt, sondern durchaus pegelfest auch einer flotten Wohnzimmerparty den nötigen Drive verleiht.
In Sachen Räumlichkeit zeigt die Acoustic Energy AE500 eine realistisch breit aufgestellt Bühne, nichts wirkt eingeengt oder gar unterbelichtet. Sie fügt keinen künstlichen Raum hinzu, bleibt aber auch nicht per se vordergründig. Das bewirkt, dass ihre räumliche, wohlgemerkt sehr präzise Präsentation, insgesamt sehr glaubhaft gerät. Die virtuelle Bühne beginnt unmittelbar vor der gedachten Boxen-Grundlinie und bewegt sich tendenziell eher in die Breite, denn in die Tiefe. Ungeachtet der Tatsache, dass Lautsprecher wie eine KEF LS50 Wireless oder ihr passives LS50 Pendant ein größeres Tiefenprofil aufweisen, zeigt sich, dass auch die AE500 die Bühnenränder scharf ausleuchtet und so einen stimmigen Eindruck vom Geschehen insgesamt übermittelt.
Wer einen englisch geprägten Lautsprecher grundsätzlich mit dem typischen Inselsound in Verbindung bringt, erfährt und „erhört“ mit der der Acoustic Energy AE500 eine vollkommen andere Klangstilistik. Denn eine insgesamt wärmere Abstimmung, die sich im Hochton geschmeidig-gülden zeigt und mit fülligeren Mitten und Tiefen einhergeht, findet sich hier eindeutig nicht. Viel mehr verkörpert die Acoustic Energy AE500 als quasi Vorbote, eine erst durch ihre Carbon-Treibermaterialien ermöglichte, moderne Klangphilosophie, die sich sicherlich „herumsprechen“ wird.
Die Rede ist von einer temporeichen, luftigen und unbeschwert wirkenden Spielweise. Resultierend aus einer enorm hohen Transparenz, musikalischer Durchsichtigkeit sowie agiler Attacke und jetzt kommt der Clou: gepaart mit unaufdringlicher, wenn Sie so wollen, seidiger Nonchalance. Hohe Musikalität mag ein etwas unscharfer Begriff sein. Im Falle der Acoustic Energy AE500 ist jedoch zurecht von einem hochmusikalischen Kompaktlautsprecher die Rede. Denn die AE500 vollbringt das Kunststück, sich nicht selbst in den Vordergrund zu stellen, sondern der Musik mit leichter, luftiger Hand den Vorzug zu belassen und den Zuhörer involvierend ins musikalische Geschehen einzubinden. Die Acoustic Energy AE500 ist definitiv ein heißer Tipp und ein, um es salopp zu formulieren, „high performer“ der besonderen Art.
Vertrieb:
M.A.D. HiFi
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Preis: 1200,00 Euro
Erhältlich im Fachhandel sowie über www.mad-hifi.de
Nähere Informationen: www.acoustic-energy.de
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