Autor: Fritz I. Schwertfeger
Bilder: Fritz I. Schwertfeger
Juli 2022
FiiO FH5S - Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass der aus China stammende Hersteller FiiO viel Klang fürs Geld liefert. Mit dem kabelgebundenen In-Ear FH5s zeigen die Ingenieure aus Fernost, dass sie einen mit zwei verschiedenen Treibersystemen, insgesamt vier Treibern ausgestatteten und nach dem im Grunde selten anzutreffenden, halboffenen Prinzip konstruierten In-Ear zu einem verlockenden Preis auf auf die Beine stellen können.
Da werden durchaus hohe Erwartungen geweckt, zumal in diesem Bereich ein noch von zahlreichen Herstellern anvisiertes, interessantes preisliches Segment bespielt wird. Andererseits, kabelgebundene In-Ears laufen Gefahr den einstig unangefochtenen Rang abgelaufen zu bekommen. Denn nach persönlichen Beobachtungen beim täglichen Pendeln in der Straßenbahn, sind True Wireless In-Ears deutlich auf dem Vormarsch. Nichtsdestotrotz sind die Vorteile eines kabelgebundenen In-Ears nicht von der Hand zu weisen.
Schließlich muss man sich klanglich keinerlei Gedanken um Kompromisse hinsichtlich Datenkompression bei der Übertragung des Musiksignals machen. Freie Auswahl auch bei DAP / Verstärker und DAC Auswahl. Ob leistungsstarker mobiler Digital Audio Player, portabler Kopfhörervestärker mit Röhrenbestückung oder R2R-Dongles, die persönliche klangliche Vorliebe kann passgenau getroffen werden. Und auch die Kabelauswahl selbst kann eine bedeutende Rolle spielen. Das optische Statement an sich mag für den einen Hörer bedeutsam sein, beim anderen Kopfhörer-Aficionado ist es durchaus der klangliche Anspruch. Relevant, wenn beispielsweise mittels einer symmetrischer Verkabelung und angesagten 4,4 mm Pentaconn-Stecker nichts Geringeres als ein maximal zu erzielendes Optimum erreicht werden soll.
Schauen wir uns also den FH5s In-Ear zunächst ein wenig genauer an. Wahlweise in silberner oder schwarzer Ausführung erhältlich, macht der In-Ear mit einer fast schon futuristisch geprägten Linienführung auf sich aufmerksam. Auffällig ist zunächst die oberseitige Gehäuseventilierung, die mittels drei schuppenartig angedeuteten Öffnungen umgesetzt wird.
Dieses quasi halboffene oder eben offene Prinzip sorgt dafür, dass die rückwärtig von den Treibern erzeugte Luftbewegungen, nicht als störende, gegensätzlich einwirkende Schallanteile zurückreflektiert werden. Ein schnelleres und exakteres Ansprechverhalten und damit einhergehend auch geringere Resonanzen werden diesem Prinzip durchaus nachgesagt. Das sichtbare Wechselspiel aus schwarzen und kupferfarbenen Elementen hinterlässt einen eleganten optischen Eindruck. Hebt dabei auch die unzähligen kleinen Bohrungen hervor, die für die im Innern druckseitige Ventilierung zuständig sind.
Man hätte es sich vielleicht auch einfach machen können und das Gehäuse aus einem Guss fertigen, aber das scheint hier nicht zur Debatte gestanden zu haben. Fiio gibt das Gehäuse als ein "Trishell" an, was zum Ausdruck bringen soll, dass hier ein aus drei Teilen bestehender Verbund als Magnesium und Aluminium zu einem Gehäusekörper zusammenfindet.
Wenn ich ehrlich bin, wäre mir dieses Detail gar nicht wirklich aufgefallen, jedenfalls ist das Gehäuse des FH5s durchaus raffiniert konstruiert und liefert hinsichtlich seiner Verarbeitungsqualität keinerlei Anlass zur Kritik. Im Gegenteil, man muss die hochwertige Umsetzung und Integration selbst kleiner Details wie der rückseitig angebrachten Mäuseklaviatur zur individuellen Klanganpassung lobend hervorheben. Fährt man mit dem Finger über das Gehäuse zeigen sich dem Ohr anatomisch angepasste Formen, so dass sowohl der Tragekomfort, wie auch der Halt im Innenohr sehr gut ausfallen. Trotz der Tatsache, dass der Gehäusekörper stattlicher ausfällt, als beispielsweise bei meinem RHA T20i, sorgt das leichte Gemisch als Magnesium und Aluminium für ein Gewicht von 8,8 Gramm pro Seite.
Dafür bieten die vorhandenen Platzreserven gleich zwei Vorteile. So sorgen die dünnen, aber steifen Gehäusewände für einen größeres Innenraumvolumen was sowohl der quantitativen, wie qualitativen Wiedergabe im Bassbereich im Speziellen, wie auch der Wiedergabe im Allgemeinen durchaus in die Karten spielt. Und, nicht zu vergessen, dass es den Ingenieuren von FiiO somit möglich war, in einer Art hybrider Mischform, gleich vier Treibereinheiten unterzubringen. So zeichnet sich ein 12 mm großer, dynamischer Treiber mit außerordentlich starkem Neodymmagneten im Antrieb für die Basswiedergabe verantwortlich. Dieser ist ebenso wie ein speziell für das Mittenband zuständiger, kleinerer 6 mm Treiber mit einer Berylliumschicht versehen.
Beim Wort Beryllium horcht der Musikliebhaber schon quasi automatisch auf, verspricht es doch Vorteile aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften. Denn Festigkeit und hohe inneren Dämpfung sollen für ein resonanzfreieres und losgelösteres Klangbild sorgen. Neben den beiden dynamischen Treibern kommen auch zwei Balanced-Armature-Treiber (BA) zum Einsatz. Diese bilden sowohl den Hoch- und Superhochton bis hinauf auf eigentlich für das menschliche Ohr unhörbare 40 kHz ab. Nichtsdestotrotz macht das dennoch Sinn, denn nicht umsonst wird ganz gleich ob bei Over-Ear-Kopfhörern, Lautsprechern und natürlich auch bei In-Ears von vielen Hörern eine luzidere, transparentere Wiedergabegüte wahrgenommen, sofern man sie nicht bei 14 oder 16 kHz einfach auslaufen lässt. Die Kunst ist es hier, die an sich unterschiedlichen Systeme letztlich zu einer homogenen Spielweise zu bewegen.
Dank des MMCX-Terminals am FH5s In-Ear steht der kabelseitigen Experimentierfreude nichts im Wege. Aber bereits mit dem mitgelieferten und durchaus hochwertig anmutenden Kabel hat man eigentlich schon mal keinen Grund zur Klage. Das silbrig schimmernde, geflochtene Kabel verfügt neben den benannten MMCX-Steckern an seinem anderen Ende über eine hochwertig realisierte, manuell austauschbare Steckverbindung. Was wiederum ein Novum ist und wenn man genauer darüber nachdenkt, eine durchaus pfiffige Idee darstellt. Im Grunde lassen sich somit im Handumdrehen ohne viel Aufwand entweder ein gewöhnlicher 3,5 mm Anschluss, oder je nach Gusto ein symmetrischer 2,5 mm wie auch 4,4 mm Pentaconn Anschluss-Stecker in die Pflicht nehmen. So spart man sich das bereithalten von drei unterschiedlichen Kabeln auf und ist im Grunde für jegliche Konstellation bestens gewappnet.
Da passt es auch ganz gut, dass FiiO seinem FH5s auch sonst eine ordentliche Mitgift mit auf den Weg gibt. Schon allein die Verpackung, in welcher der In-Ear innerhalb einer schatullenartigen Box residiert, ist bemerkenswert. Da habe ich durchaus schon spartanischere In-Ears gesehen. In der Box selber wiederum bietet sich ein erfreulicher Anblick in Form eines blauen Transportetuis, das den FH5s unterwegs sicher verstaut. Auch die 12 Paare unterschiedlich großer Ear-tips können sich sehen lassen, so sollte sich für jedes Ohr die passende Größe finden lassen. Lobenswert, dass FiiO selbstsverständlich auch die wechselbaren Stecker allesamt mitliefert, so dass man nicht erst mühsam welche nachordern muss. Bei all dem, schaue ich nochmal genau hin, ob ich bei der Preisangabe auch tatsächlich richtig liege. Und tatsächlich, 249,00 Euro werden für den FiiO FH5s aufgerufen. Nicht gerade wenig Geld, aber für das bisher Gebotene doch durchaus vielversprechend. Wenn auch klanglich nichts anbrennen sollte, wäre das mehr als nur respektabel.
FIIO FH5s - Hörtest
In seiner Grundtendenz zeigt sich der FiiO FH5s in den Mitten ausgewogen und geradlinig, mit langzeittauglicher, dennoch detailreicher Ausprägung im Hochton und sonorer, jedoch hier nicht überbetonter Gangart bei den unteren Lagen.
Angeschlossen an die klanglich außerordentlich überzeugende iFi Zen DAC- /CAN Kombi gibt sich der FiiO FH5s bei dem via Qobuz zugespielten Stück „My Queen is Ada Eastman„ von Sons Of Kemet (Album: Your Queen Is A Reptile) sehr natürlich und betont keine Bereiche über Gebühr. Er zeigt dabei eine ausgeprägt gut wahrnehmbare Staffelung in die Tiefe und erzielt damit eine bemerkenswert gute räumliche Darbietung, ohne sich diesen Umstand mit einer über Gebühr betonten Erhöhung im Präsenzbereich zu erkaufen. Die Bühnenbreite gerät realistisch, hier wird akkurat abgebildet und so soll es ja auch sein. Hier scheint mir das halboffene Prinzip tatsächlich seine Wirkung zu entfalten. Zwar zeigt ein zum Vergleich herangezogener beyerdynamic AK T8iE als persönliche Referenz mehr Ausleuchtung in die Randbereiche, bietet damit auch eine ausgeprägtere Bühnentiefe, aber er spielt auch in einer gänzlich anderen Preisliga.
Am wiederum mobilen iFi Audio xDSD Gryphon (Test folgt) verdeutlicht sich die Ausrichtung des FiiO FH5s den Hörer eher direkt ins akustische Zentrum, als auf die Empore zu verlagern. Folgerichtig bietet er für seinen Preis eine fast schon ungewöhnliche Übersichtlichkeit. Feine perkussive Elemente werden körperhaft und exakt in ihrer Position bestimmbar herausgearbeitet.
Dass sich dabei auch hinsichtlich des rhythmischen Ausdrucks ein entsprechend unmittelbarer und antrittsschneller Attack einstellt, spricht ebenso für den FiiO FH5s. Dazu passt dann auch, dass die Tuba beim Stück von Sons Of Kemet nicht uninspiriert mitläuft, sondern deren sonores Spiel in deutlich wahrnehmbarer Korrelation zum restlichen Taktgefügte steht. Dadurch bekommt das Stück deutlich mehr Geschlossenheit und auch eine besondere Wendigkeit mit auf dem Weg, was letztlich das Hörvergnügen steigert.
Was mir mit dem Chord Mojo wiederum auffällt ist, dass sich ein unaufdringlicher, aber präsenter straffer und impulsiv auf der schnelleren Seite angesiedelter dennoch satter, kräftiger Bass dazugesellt. Auch hier macht sich die halboffene Spielweise bemerkbar, die dem Fiio zu einer bemerkenswerten Darbietung verhilft, auch wenn ein Audeze iSine 20 dem FiiO ziemlich unumwunden aufzeigt, dass hier noch mehr Luft in Sachen Durchzeichnung und Kontur möglich ist.
Dabei ragt das Differenzierungsvermögen des FiiO dennoch mehr als nur respektabel ordentlich heraus, so dass es ein Leichtes ist die dynamische Ausprägung beim Trommeleinsatz im Stück "My Queen Is Anna Julia Cooper" nachzuvollziehen. Und das in der gesamten Bandbreite von drängender Intensität bis hin zu entsprechender Feinfühligkeit.
Und gerade bei Stücken wie "Comic Sans" von Audrey Nuna (Album: A Liquid Breakfast) zeigt sich ein kräftiger Bass, der keinerlei Tendenz zum Aufdicken aufzeigt. Vielmehr überzeugt die Straffheit und Durchlässigkeit, die speziell für eine bruchlose Anbindung im Anschluss an das Mittenband gute Dienste leistet. Die minimal vorhandene Anwärmung im Bassgefüge führt dennoch zu keiner einengenden Dichte oder gar Trägheit der mittleren Lagen. Wechselt man das Musikgenre, speziell im stimmlichen Bereich oder auch der Darbietung von natürlichen Instrumenten wie Klavier oder einer klassischen Gitarre zeigt sich der FiiO FH5s in den Mitten mit natürlichen Timbre und einem angenehmen, aber nie zu satt temperierten Klangfarbenreichtum. Dabei dominiert hier stets eine angenehm organische Note, die in ihrer Grundtendenz eher transparent als betont warm ausgelegt ist. Künstlich oder unnatürlich aufgesetzt wirkt hier nichts.
In den Höhen zeigt sich der FiiO FH5s mit guter Feinauflösung und bleibt auf dabei tendenziell auf der insgesamt ausgewogeneren Seite von Neutral mit langzeittauglicher Spielweise. Erfreulich dabei, dass die erreichte Transparenz, reichlich Feinkörnung und Detailfreude beinhaltet ohne dabei Härten oder Schärfen zu implizieren. Im direkten Vergleich löst ein beyerdynamic AK T8iE feinnerviger auf und bietet eine in den obersten Lagen luftigere Darbietung, aber dafür lässt der FiiO FH5s wiederum mit viel Übersicht in der Darstellung und transparenter wirkender Auflösung und Nuancierung meinen RHA T20i hinter sich zurück.
Interessant zu guter Letzt, dass sich hier je nach Gusto auch persönliche Hörvorlieben umsetzen lassen. So mildert die Höhenabsenkung durchaus das eine oder andere zu hell abgemischte Musikalbum auf ein erträglicheres Maß, während mir persönlich ein Umstand besonders gefiel. Hört man mit leisem Pegel kann die Wiedergabe durchaus blass und dünn klingen, so dass je nach antreibenden Verstärker die Anhebung von Bass- und Mittenbereich durchaus einen kompensatorischen Effekt erzielt. Ausprobieren ist hier durchaus angesagt und da jederzeit ohne viel Aufhebens reversibel eine durchaus vernünftige Angelegenheit.
FiiO FH5s - Fazit
Keine Frage, der FiiO In-Ear FH5s bietet mit seinem Dualen-Treiber-System nicht nur ein interessantes Konzept, sondern jede Menge positive Aspekte. So vereint er die transparent, schnelle Spielweise seiner zwei Balanced-Armture-Treiber gekonnt mit der natürlich timbrierten Wärme der beiden dynamischen Treiber zu einem bruchlosen und von angenehm hoher Musikalität geprägten, lebendigen und anmachenden Gesamtbild. Eine mehr als nur wertige Verarbeitung, hohe Materialgüte und ein außergewöhnliches Design sind ebenso auf der Habenseite zu verordnen, wie eine für das Geld absolut überdurchschnittliche Klangwiedergabe.
Dass individuelle Hörvorlieben ebenso unkompliziert umgesetzt werden können, aber auch andere Kabel Verwendung finden können, ist ebenso ein Pfund mit dem sich wuchern lässt. Außergewöhlich auch die austauschbaren Stecker, die den FiiO FH5s an Geräten mit jeden Klinkensteckertyp andocken lassen. Insgesamt bietet der FiiO FH5s einen hervorragenden Tragekomfort, eine klangstarke, involvierende Darbietung und ein überzeugendes Preis-Leistungsverhältnis. Mit seiner personalisierbaren Klanganpassung lässt er sicherlich kaum Wünsche offen und empfiehlt sich dank seiner zwar noch gutmütigen Impedanz und relativ hohen Empfindlichkeit als unproblematisch anzutreibender und unkomplizierter Allrounder für den tagtäglichen mobilen oder auch stationären Einsatz.
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