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Autor: Fritz I. Schwertfeger
Die erste Begegnung mit den Punch Brothers fand rein zufällig im Jahr 2012 statt. Seinerzeit hieß es für das renommierte deutsche Fachmagazin AUDIOphile (01/2013) einen Review über den High End Lautsprecher 802 Diamond von Bowers & Wilkins zu verfassen. Im Hörraum drängte sich das Album „Who´s Feeling Young Now“ der Punch Brothers in den Blickwinkel und nach kurzem reinhören wurde klar, dass es unbedingt mit in die Session musste.
In ihrem aktuellen, nunmehr vierten Album – The Phosphorescent Blues - bewegen sich die Punch Brothers bewährt stilsicher und in fast schon unverschämt schlafwandlerischer Manier innerhalb der für europäische Ohren zunächst gewiss ungewöhnlichen, Bluegrass Instrumentierung. Sie verleihen ihrer Musik damit einen faszinierenden und in dieser Form selten anzutreffenden Fingerabdruck. Tituliert wird dies als progressiver Bluegrass oder Neo-Bluegrass.
Dass sie der Musik in all ihren Ausprägungen verfallen sind, daran hat, wer alle Alben gehört hat, keinerlei Zweifel und genau dies macht die aus den USA stammenden Künstler auch so ungemein sympathisch. Sie sind an ihren Instrumenten nicht nur absolute Virtuosen, sondern gleichsam auch musikalische Querdenker, die ein ganzes Potpourri verschiedenster Stilrichtungen in ihrem neuen Werk vereinen. Ganz gleich, ob es sich dabei um Jazz, angesagtem Pop, Folk, Indie oder auch eigentümliche klassische Elemente handelt.
Hoppla, Bluegrass und Kammermusik? Klingt verwegen? Nicht wenn die Punch Brothers daran beteiligt sind. Wer den Sänger Chris Thile an der Mandoline und seine Mannen an ihren zum Teil ganz und gar nicht mainstreamigen Instrumenten wie Banjo (Noam Pickelny), Fidel (Gabe Witcher), begleitet von Chris Eldridge an der Gitarre und dem Bassisten Paul Kower, das erste Mal hört, wird von der eigenwilligen Virtuosität und Leichtigkeit der Darbietung überrascht sein.
Anleihen aus der Klassik (Track 3: Passepied / Debussy) und (Track 8: Prelude / Scriabin) lassen den Hörer mit beinahe verblüfften Staunen zurück. Die Texte von Chris Thile befassen sich mit Spiritualität, Vergänglichkeit und einer Gesellschaft, deren Individuen sich immer intensiver der digitalen Verständigung hingeben und dabei den gemeinsamen Austausch in Echtzeit aus den Augen verlieren. Die Stücke fließen, einer mehrstimmigen Konversation gleich, in unterschied-lichsten Tempi und Stimmungen - mal manisch und mitreißend - und mal in gefühlt depressiver Form.
Oftmals jagt die Musik von einem Kontrapunkt zum Nächsten um anschließend, einer stillen Übereinkunft gleich, geordnet zur Ruhe zu kommen. Musik, so die Botschaft, kann zum mystifizierten Verbindungselement werden, das Menschen zusammenführt, ihre Gemeinsamkeiten verdeutlicht und sie zusammen an etwas Erhabenem teilhaben lässt. Dieser rote Faden findet sich bereits im Opener des Albums wieder. Das mit einer Länge von knapp über 10 Minuten quasi monumentale „Familiarity“ beginnt mit dem Mandolinen-Spiel von Chris Thile, welches sich, flankiert von der restlichen Instrumentierung in einen temporeichen, kaskadenhaft rhythmisch auftürmenden Rausch empor hebt um anschließend auf den Boden zurück kommend, nach Erlösung zu flehen.
„Pretend you love it, Because you love them, As you explode out of your phones“ singt Thile und kaum klingen die Worte ab, untermalt ein kraftvolles Anschlagen der Saiteninstrumente die gebetsartige Intonation der Stimme. Den Eindruck einer tiefgründigen musikalischen Andacht erwecken teilweise auch die restlichen Stücke. „Julep“, getragen von einer unaufgeregten Begleitung, mäandert von zarter Hand geführt durch eine wundervoll wirkende philosophische Auseinandersetzung über das Leben und dessen Vergänglichkeit.
„I Blew It Of“ und die restlichen Stücke von The Phosphorescent Blues bieten eine mehr als abwechslungsreiche Mischung aus dynamischen, Tempowechseln, gekonnten genreübergreifenden Arrangements und dem schwelgenden - die Darbietung stimmungsvoll ergänzenden - Gesang von Chris Thile. Dem Vorgängeralbum gleich, bietet auch The Phosphorescent Blues ein hohe klangliche Qualität und lässt tief in die Bühne, sowie den Klangkörper der Instrumente hinein tauchen.
Besonders in der 24 Bit / 96 kHz Variante, in diesem Fall von highresaudio.com vorliegend, entpuppt sich das Album als klangliches Highlight, das seinen CD-Verwandten hinter sich lässt. Körperhafter und mit lebendigerer, detaillierterer Spielweise zieht das Werk den Hörer in seinen Bann. Musik wie das Leben, voller Bewegung, Schnelllebigkeit, Hektik aber auch mit zahlreichen nachdenklichen Momenten. Diesen von digitaler Verbindung handelnden Kreis schließt das letzte Stück, „Little Lights“, wenn sich, „Shine little lights of ours, Like Orions Belt of Stars, Connected only from afar“ zu einem choralen Epilog erhebt.
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